Hanna Bailly verlässt Hohenwehrda mit dem Fachabi – ein Blick zurück auf sechs Jahre im Lietz Intern
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Schloss Hohenwehrda


Hanna Bailly, im Dezember 2001 geboren in Kairo, aufgewachsen in Hanau, kam vor sechs Jahren ins Lietz Internat Hohenwehrda. Vor wenigen Tagen bestand sie ihr Fachabitur mit Schwerpunkt Sozialwesen. Im Gespräch mit Martin Batzel blickt Hanna zurück auf ihre Zeit in Hohenwehrda.

Herzlichen Glückwunsch zum Fach-Abi, wie zufrieden bist du mit dir und deinen Leistungen?

"Ich habe das Beste gegeben, eine Zwei vor dem Komma, aber die Abiprüfungen waren schwerer, als ich erwartet habe."

Sechs Jahre lang war Hohenwehrda dein zweites Zuhause. Wie stark sind die Erinnerungen an deinen ersten Tag in Ho?

"Ich erinnere mich sehr gut. Wir durften unsere Handys nicht herausholen, im ersten Unterrichtsblock am Montag stand ich erst alleine da. Aber das war schnell vorbei, nach zwei Tagen kannte ich jeden. Mit solch einer Situation hatte ich noch nie Probleme."

Nach dem Fachabi kommt nun die große Freiheit?

"Ein bisschen schon, ja; aber erstmal werde ich arbeiten und mein eigenes Geld verdienen. Das ist mir sehr wichtig!"

Und dann kommt die große Freiheit?

"Meine beste Freundin Tamina und ich planen ein halbes Jahr "work and travel" in Neuseeland. Taminas Bruder war dort, er sagt, dort ist der schönste Platz, den es gibt."

Und nach Neuseeland, dem 1. Teil der großen Freiheit...

"...planen wir sechs Monate in Australien."

Also Teil 2 der großen Freiheit: Gibt es dort nicht viele giftige und gefährliche Tiere?

"Ja, und ich habe Angst vor Spinnen. Aber manchmal muss man sich seinen Ängsten eben auch stellen."

Und nach Australien folgt die große Freiheit Teil 3 oder der Einstieg ins Berufsleben?

"Der Einstieg ins Berufsleben, so ist der Plan. Eine Option ist der Bereich Mode & Design und zu einem späteren Zeitpunkt der Einstieg in die Modefirma meiner Eltern; oder eben ein Beruf im Bereich Theater und Schauspiel."

Alles keine medizinischen oder pflegerischen Berufe - an welcher Stelle hilft dir dabei das Fachabitur mit Schwerpunkt Sozialwesen?

"Wir haben in der Zeit der Fachoberschule sehr viel soziale Kompetenzen erlernt und geübt. Soziale Kompetenzen benötigt man in jedem Beruf. Mit der sozialen Ausbildung, die ich in Hohenwehrda erhalten habe, kann ich in viele Berufe gehen."

2016 bist du nach Hohenwehrda gekommen - wie siehst du deine persönliche Entwicklung?

"Auf dem Campus ist es natürlich etwas enger, daheim kann ich den Menschen eher aus dem Weg gehen. Das ist hier manchmal etwas schwieriger. Aber man kann es natürlich auch so sehen: Man fühlt sich nie alleine. In Hohenwehrda habe ich gelernt, richtige, tiefgehende Freundschaften aufzubauen. Im schulischen Bereich wurde ich zielstrebiger, habe Erfolge gespürt. Daheim habe ich für die Schule gelernt, aber keine Erfolge gesehen. Das wurde hier in Hohenwehrda anders."

Hat dabei die engmaschige Verknüpfung von Leben im Internat und Schule geholfen?

"Ja, sehr sogar. In der Staatsschule schreibt man einem Lehrer eine Mail, bekommt später eine Antwort. Meistens, manchmal auch vielleicht. In Hohenwehrda sehe ich meine Lehrer jeden Tag, auch wenn ich an dem Tag keinen Unterricht bei ihnen habe. Meine Fragen werden also schnell beantwortet. Vielleicht wohnt mein Lehrer sogar auf dem Campus, dann kann ich klingeln und mir wird geholfen. Außerdem habe ich hier kurze Wege und keinen Heimweg von der Schule zum Wohnort. Alles ist an einem Platz. Die Struktur war für mich optimal, dadurch habe ich gelernt, Schule und Freizeit in ein Gleichgewicht zu bringen."

Wenn du deine Entwicklung in den sechs Jahren, in denen dich die Pädagogen in Hohenwehrda begleitet haben, beschreiben solltest - welche Worte findest du?

"Als ich mit knapp 14 Jahren nach Ho kam, war ich ein junger Mensch, vielleicht sogar ein wenig naiv. Aber immer herzlich. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, Dinge zu hinterfragen."

Nehmen wir an, du sitzt in Neuseeland an der Küste und sollst einem Menschen dort das Lietz Internat Hohenwehrda in einem Satz beschreiben. Wie sähe der Satz aus?

"Ich lebe in meiner Schule - und das gerne."

Wenn du Kinder hättest, würdest du ihnen ein Internat empfehlen?

"Natürlich möchte jede Mutter ihre Kinder so lange wie möglich bei sich haben. Aber ab einem gewissen Alter würde ich, wenn es mir wirtschaftlich möglich wäre, meinen Kindern einen Platz im Internat ermöglichen. Also lautet die Antwort auf die Frage: Ja. Denn im Internat findet man Freunde fürs Leben."

Wenn die Feier vorbei ist, der erste Abschieds-Blues sich gelegt hat - was wirst du am meisten vermissen?

"Den im Sommer herrlichen Swimming-Pool. Und: Wenn man mit einem Lehrer sprechen möchte, dann klingelt man einfach an seiner Tür und fragt, ob er Zeit hat. Und die Struktur im Tagesablauf werde ich sehr vermissen. Klar nervt die einen manchmal auch, doch habe ich gelernt: Struktur hilft uns dabei, die gesteckten Ziele zu erreichen. Hohenwehrda hat mich auf mein Leben vorbereitet und dafür bin ich dankbar."

Liebe Hanna, vielen Dank für das Gespräch.


Hinweis:

Schülerinnen und Schülern mit einem Fachabi in der Fachrichtung Sozialwesen stehen verschiedene Wege offen - darunter ein Studium an einer Fachhochschule (beispielsweise Betriebswirtschaftslehre, Pflege- und Gesundheitswissenschaften, Soziale Arbeit, etc.); Berufsausbildungen im dualen System; eine schulische Ausbildung (beispielsweise Erzieher/in, Ergotherapeut/in, Heilerziehungspfleger/in, Logopäde/in)







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